Berechnung des absoluten Mehrs bei Abstimmungen an der Gemeindeversammlung
§ 109 StRG besagt zum absoluten Mehr, dass das zur Annahme erforderliche absolute Mehr erreicht ist, wenn die Zahl der Zustimmenden die Hälfte aller Anwesenden oder die Zahl der Ablehnenden übersteigt. Mit anderen Worten reicht für die Annahme, wenn die Ja-Stimmen höher sind als die Nein-Stimmen. Die Stimmenthaltungen (bei offener Abstimmung) zählen in diesem Fall nicht mit. Entscheidend ist die Zahl der Stimmenden und nicht jene der Versammlungsteilnehmenden.
Ist die Durchführung einer Konsultativabstimmung zulässig?
Als einzige Möglichkeit für Konsultativabstimmungen im Kanton Luzern ist gemäss § 9 Absatz 2 des Gemeindegesetzes die Abstimmung über Planungsbeschlüsse (Kenntnisnahme von Jahresprogramm, FAP, Planungsberichten und Leitbildern) vorgesehen. Diese ist aber auch dann nur möglich, wenn die Gemeinde eine solche Konsultativabstimmung in einem rechtsetzenden Erlass vorsieht. Diese Haltung vertreten auch Bundesgericht und der Regierungsrat (BGE 104 Ia 226, LGVE 1993 III Nr. 11).
Kann über ein Sachgeschäft direkt an Urne anstatt an der Gemeindeversammlung beschlossen werden?
Der Grundsatz von § 18 Absatz 2 StRG besagt, dass die Gemeinden ihre Abstimmungen im Versammlungsverfahren und ihre Wahlen im Urnenverfahren vollziehen, soweit die Stimmberechtigten nichts anderes beschliessen. Dies bedeutet, dass die Gemeinden konkrete Sachgeschäfte mittels GO-Bestimmung generell der Urnenabstimmung unterstellen können, ohne dass diese vorgängig an der Gemeindeversammlung behandelt werden müssen.
Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, dass zwei Fünftel der Teilnehmer an einer Gemeindeversammlung die Schlussabstimmung an der Urne verlangen (§ 122 Abs. 1 StRG). Die Einzelberatung an der Gemeindeversammlung ist in diesen Fällen jedoch gleichwohl durchzuführen (§ 122 Abs. 2 StRG). Über die Vorlage, wie sie aus der Beratung hervorgegangen ist, wird in der Regel innert zwei Monaten nach der Gemeindeversammlung im Urnenverfahren abgestimmt (§ 122 Abs. 3 StRG). Die Stimmberechtigten können das Verfahren nach den Absätzen 2 und 3 für bestimmte Geschäfte auch allgemein beschliessen.
Kann sich eine stimmberechtigte Person an der Gemeindeversammlung vertreten lassen?
Grundsätzlich ist eine Vertretung bei der Ausübung der politischen Rechte nicht möglich. Eine Vertretung durch eine nicht-stimmberechtigte Person oder einen nicht-stimmberechtigten Anwalt ist in jedem Fall unzulässig.
Welche Rechte haben nicht-stimmberechtigte Personen an einer Gemeindeversammlung?
Personen, die nicht stimmberechtigt sind, können der Versammlung auf besonderen Plätzen folgen. Sie dürfen aber nicht an den Verhandlungen und Abstimmungen teilnehmen (§ 104 Abs. 4 StRG).
Wann ist eine geheime Abstimmung an der Gemeindeversammlung möglich?
Gemäss § 121 Absatz 2 StRG kann ein Fünftel der Teilnehmenden verlangen, dass die Schlussabstimmung an der Gemeindeversammlung geheim durchgeführt wird. Die Abstimmung über Ordnungsanträge, Einsprachen oder sonstige Anträge im Rahmen des Bereinigungsverfahren stellen keine Schlussabstimmung im Sinne von § 121 Absatz 2 StRG dar und können daher nicht geheim durchgeführt werden.
Sind Anträge an der Gemeindeversammlung zu nicht-traktandierten Geschäften möglich?
Grundsätzlich nicht. An einer Gemeindeversammlung dürfen nur Anträge zu traktandierten Geschäften gestellt werden (vgl. § 106 Abs. 1 StRG). Es soll nicht verbindlich über etwas entschieden werden können, das den nicht Anwesenden gar nicht bekannt ist und nie bekannt gegeben worden war. Deshalb sind die Traktanden auch rechtzeitig im Voraus zu veröffentlichen.
Es gibt aber Gemeinden, die sehen in ihrer Gemeindeordnung vor, dass in "Varia" Anträge gestellt werden können, die dann der Gemeinderat unter Umständen entgegennehmen und an einer nächsten Gemeindeversammlung zur Abstimmung bringen muss.
In welcher Reihenfolge ist über Anträge an der Gemeindeversammlung abzustimmen?
§ 119 StRG hält fest, dass der Präsident/die Präsidentin bei mehreren Anträgen vor dem Abstimmen bekannt gibt, wie er oder sie darüber abstimmen lässt (§ 119 Abs. 1 StRG). Wir empfehlen allen Gemeinden, im Vorfeld der Abstimmungen genau und anschaulich über die Abstimmungs-Reihenfolge und über die Folgen bei Annahme eines Antrages (dass zum Beispiel bei Annahme des Gemeinderatsantrags über den Antrag der Stimmberechtigten nicht mehr abgestimmt wird) zu informieren. Die Stimmberechtigten erhalten nach dieser Information durch den Präsidenten/die Präsidentin Gelegenheit, gegen das vorgesehene Abstimmungsverfahren zu intervenieren. Wenn Anträge zum Abstimmungsverfahren gestellt werden, ist darüber abzustimmen (§ 119 Abs. 2 StRG).
Gemäss § 119 Absatz 4 StRG ist über den Antrag des Gemeinderates vor den Anträgen der Stimmberechtigten, die anlässlich der Gemeindeversammlung gestellt werden, abzustimmen. Generell gilt, dass über die Sachanträge in einer Reihenfolge abzustimmen ist, die es den Stimmberechtigten ermöglicht, ihren klaren und unverfälschten Willen zum Ausdruck zu bringen. Meistens gibt es nicht nur ein mögliches Abstimmungsverfahren, das dieser Anforderung gerecht wird.
Wie erfolgt die Kenntnisnahme von Planungs-, Steuerungs- und Kontrollberichten durch die Stimmberechtigten?
Hierzu verweisen wir auf ein Merkblatt aus dem Jahr 2006 (Kenntnisnahme gemäss § 9 und 11 Gemeindegesetz durch die Stimmberechtigten an der Gemeindeversammlung).
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